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Welcher Stern ist eigentlich der bekannteste unserer Zeit? Unwillkürlich sucht man da nach Superlativen im Internet, rechnet Größen nach oder forscht nach dramatischen Entdeckungen. Dabei kennt jeder von uns den bekanntesten aller Sterne, zumindest in unserer „jüngeren“ Geschichtsschreibung (denn wir Menschen sind ja im Prinzip nur eine winzige Episode auf dem Planeten Erde, vor allem verglichen mit dem Alter der Sterne…): Es ist der Stern von Betlehem. Jedes Kind kann diesen Stern malen, der den Heiligen Drei Königen in der Geschichte um den Heiligen Abend und Jesu Geburt den Weg gewiesen haben soll. Und doch wissen wir sehr wenig über ihn. Da Weihnachten ja vor der Tür steht, und die meisten (auch die Nicht-Christen) es einfach als kulturelles Fest feiern, weil sie es seit ihrer Kindheit so kennen, dachte ich, es ist eigentlich Pflicht, etwas mehr über diesen Stern aller Sterne zu wissen.

Man nennt ihn auch Weihnachtsstern oder Dreikönigsstern, und analog heißt der Tag Dreikönigstag, an welchem der Stern den Weg gewiesen haben soll. Es ist wichtig zu wissen, dass die Ereignisse des Himmels generell in der Antike und darüber hinaus auf irdische Ereignisse bezogen wurden. Dies kann man etwa an den Namen der Sternbilder gut erkennen: Wiederkehrende Sternkonstellationen verwiesen auf wichtige Termine, etwa die Ernte. So wird auch der Weihnachtsstern eingeordnet: Er soll mit der Geburt Jesu aufgegangen sein bzw. sie angekündigt haben, woraufhin Weise ihn als Wegmarke nutzten. Astronomie und Astrologie waren damals übrigens nicht getrennt, weshalb es durchaus Sinn macht, dass das quasi metaphysische Ereignis der Geburt eines Heilsbringers mit einem astronomischen verknüpft wird. Zur Verbindung und den Unterschieden der beiden Disziplinen gibt es übrigens hier eine gute Seite.

Giotto_Scrovegni_Adoration_of_the_Magi

Die Anbetung durch die Weisen („Magier“) von Giotto die Bondone aus dem 14. Jahrhundert. Man kann gut erkennen, dass die „Flugrichtung“ des als Komet interpretierten Sternes in Richtung des Stalles weist.

Doch worauf basiert die Darstellung des Sternes? Man nimmt an, es habe sich um einen Kometen gehandelt: Diese Vermutung stellten schon christliche Theologen im 2. Jahrhundert an. Auch Künstler folgten dieser Annahme und so wird der Dreikönigsstern seit dem 14. Jahrhundert als Komet visualisiert, und diese Darstellung hat sich bis heute durchgesetzt. Die Verlängerung des Sternes soll dabei den Schweif, also die Bewegung darstellen und meist „fliegt“ er auf Darstellungen der Krippe in Richtung des Stalles. Um welchen der damals beobachteten Kometen es sich jedoch historisch tatsächlich handeln könnte (bzw. ob es überhaupt einer war), ist aufgrund mehrerer Aspekte jedoch strittig geblieben. In der christlichen Heilslehre waren Kometen meist eher als Unglücksbringer denn als Glücksbringer interpetiert. Der eventuell in Frage kommende Halleysche Komet war bereits zwischen 12 und 11 vor Christus sichtbar. Zudem liefert natürlich die Bibel keine genaue Datierung, da sie eine sehr viel später rückblickend von vier Autoren zusammengestellte Erzählung darstellt. So nimmt man z.B. an , dass Christus paradoxerweise bereits 7 bis 4 Jahre „vor Christus“ geboren wurde. Ein Komet wäre auch nicht an einem Ort stehengeblieben, sondern weitergewandert. Andere Theorien sprechen von einer Supernova oder der Konjunktion verschiedener Sterne zur gleichen Zeit, die wohl zur Deutung einer Königsgeburt geführt haben könnte.

Als Nicht-Astronom ist es sehr komplex, all diese Unterschiede zu durchschauen, deshalb möchte ich nur festhalten: Die Berichte vom Stern von Bethlehem sind keine Augenzeugenberichte, sondern Nacherzählungen (der Astronom D’Occhieppo etwa nimmt an, der Evangelist Matthäus habe von solch einem Augenzeugenbericht abgeschrieben). In verschiedenen Jahrhunderten versuchte man rückblickend, aufgrund gewisser wiederkehrender astronomischer Ereignisse den Stern von Bethlehem zu definieren. Was geblieben ist, ist, dass er in der populärsten Darstellung nach wie vor als Komet erscheint. Wichtig scheint für alle Erklärungsversuche zu sein, dass der Stern bereits vor Jesu Geburt sichtbar war und dies auch eine Weile lang geblieben sein muss, denn nur so konnten sich die „Weisen aus dem Morgenland“ auf den Weg machen (der damals natürlich eine ungleich längere Zeit in Anspruch nahm als heute). Natürlich ist der Stern auch einfach ein symbolisches Motiv für die Geburt eines Kindes: Früher wie heute sagte man im Volksglauben, mit der Geburt sei der Stern des Neugeborenen aufgegangen. Deshalb meinen einige Textdeuter, dass der Stern von Bethlehem rein gar nichts mit tatsächlichen Gestirnen zur Zeit von Christus Geburt zu tun habe, sondern lediglich ein sprachliches Symbol darstellt.

Bei all den geschichtlichen Hintergründen möchte ich gern zurück zu Weihnachten kommen, und an diesem besonderen Tag kann man ja auch ganz aktuell jemandem Freude mit einem Stern machen: Ich meine die Sterntaufe, die sich wunderbar als Geschenk eignet. Schließlich geht bei der Geburt eines Kindes ein Stern auf … und was feiern wir an Weihnachten, wenn nicht eine Geburt?